Das Vine-Programm von Amazon ist beliebt, denn die Warentester erhalten Produkte nach Wunsch kostenlos zur Bewertung. Was viele jedoch nicht wissen, dass die Teilnahme am Programm steuerpflichtig sein und eine nicht ordnungsgemäße Erklärung zu einem Steuerstrafverfahren führen kann.
Hintergrund:
Das Amazon-Programm Vine ist ein Warentester-Plattform, über die Kunden, wenn sie angemeldet sind und sich qualifiziert haben, regelmäßig Warenangebote bestellen können - ganz kostenlos, mit dem Ziel, diese Produkte zu bewerten. Besonders lukrativ sind hierbei der Silber- und Gold-Status. im ersteren Fall können Nutzer bis zu drei Artikel am Tag und Waren im Wert von jeweils bis zu 95 Euro bestellen, bei Gold-Status sind dagegen bis zu acht Artikel am Tag mit beliebigem Wert möglich.
Aber: Steuerpflicht nach DAC7-Verordnung:
Seit 2023 fragt das Finanzamt bei den Plattformen, somit auch bei Amazon nach Steuerinformationen von Dienstleistern im Rahmen der DAC7-Verordnung. Dabei handelt es sich zwar normalerweise um Händler, doch zunehmend geraten hier auch die Amazon-Vine-Mitglieder ins Visier der Finanzämter.
Hierbei übermittelt Amazon nicht nur die persönlichen Daten inklusive Geburtsdatum, Adresse und Umsatzsteuer-ID, sondern auch den Betrag, den die Produkttester an Zuwendungen von den jeweiligen Markenbetreibern erhalten haben.
Für all das hat Amazon jetzt einen ausführlichen Fragebogen eingestellt, den die Vine-Nutzer zeitnah in ihrem Konto ausfüllen und spätestens alle drei Jahre aktualisieren müssen. Für Vine-Nutzer, die schon länger dabei sind, bedeutet das, dass sie erst 2024 gemeldet werden, die Neuzugänge von 2023 werden hingegen bereits ab dem Jahr 2023 mit dem Finanzamt abgeglichen.
Dass die Aufregung unter den Vine-Nutzern nunmehr groß ist, hat auch damit zu tun, dass viele Vine-Nutzer teilweise größere Warenmengen hochwertiger Produkte bezogen haben und die hierdurch erhalten Einkünfte (und dazu zählen unter Umständen auch die Waren selbst) - im Regelfall wohl nicht versteuert haben.
Klar ist, dass hier das Finanzamt bei größeren Fällen nachfassen wird und gegebenenfalls auch die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens droht.
Rechtslage ist verzwickt - vielen ist noch unklar
Es macht z.B. einen Unterschied, ob man die erhaltene Ware nach einem gewissen Zeitraum veräußert und hiermit einen Gewinn erzielt oder ob man die Ware im eigenen Bestand behalten hat und diese somit einen Restwert haben.
Auch ist die Frage, ob die Ware zu dem bei Warenbezug angegebenen (teilweise überhöhten) Preis oder mit einem tatsächlichen realistischen Wert zugrunde gelegt wird. Wahrscheinlich ist eher letzteres.
Ins Visier der Finanzämter dürften insbesondere größere Accounts mit vier- bis fünfstelligen Einnahme durch Warenbezug geraten. Diese werden in vielen Fällen im Nachgang die Unterstützung eines auf Steuerstrafverfahren spezialisierten Anwalts benötigen.
Wieso ist der Warenbezug bei Amazon-Vine steuerpflichtig ?
Das Finanzministerium NRW geht davon aus, dass die Waren den Produkttestern zum dauerhaften Gebrauch überlassen werden, um sie zu bewerten. Diese Überlassung ist keine Schenkung, denn eine Schenkung setzt voraus, dass sie unentgeltlich erfolgt. Der Tester verpflichtet sich jedoch zum Testen des Produkts und zu einer entsprechenden Rezension. Als Gegenleistung dafür darf er das besprochene Produkt behalten und nutzen.
Da die Produkte als Gegenleistung für die Bewertung überlassen werden, handelt es sich um steuerpflichtige Einkünfte des Produkttesters. Wenn die Produkttester wiederholt und nachhaltig tätig werden, handelt es sich um gewerbliche Einkünfte.
Wenn der Produkttester nur ab und zu tätig wird. stellen die überlassenen Produkte sog. sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG dar, zumindest wenn die überlassenen Sachwerte mindestens € 256 im Kalenderjahr betragen.
Fazit:
Bei Amazon-Vine bekommt man zwar etwas kostenlos - aber nicht unbedingt auch steuerfrei.
In einem Punkt irrt der Autor allerdings, so wie es oft missverständlich dargestellt wird. So muss ein VINE-Tester für gar keinen Artikel eine Rezension abgeben! Auf die Spitze getrieben, könnte ein VINE-Mitglied im aktuellen Bewertungszeitraum von meist sechs Monaten täglich 8 Artikel bestellen und für 0 Artikel eine Rezension verfassen. Am Ende des Zeitraums, also nach bis zu gut 1.400 erhaltenen Artikeln, würde er dann sehr wahrscheinlich aus dem Programm geworfen, aber er hat all diese Produkte ohne jede Gegenleistung erhalten und darf sie dennoch behalten! Ein kausaler Zusammenhang zwischen Produktlieferung und Rezension besteht ergo nachweislich nicht.
Meiner Auffassung zufolge kann somit auch keine Steuerlast bestehen!