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Strafverfahren wegen Zinsen in der Türkei ! Türkiye'de faiz için ceza davası!

  • Autorenbild: BORIS KUDER LL.M.
    BORIS KUDER LL.M.
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Viele in Deutschland lebende Steuerpflichtige mit türkischen Wurzeln erhalten derzeit verstärkt Post vom Finanzamt, mit dem Ihnen mitgeteilt wird, dass Sie Einkünfte aus Kapitalvermögen aus der Türkei erzielen, die in Deutschland nicht versteuert wurden. Gleichzeitig erhalten Sie ein Schreiben vom Finanzamt für Steuerstrafsachen oder in NRW vom Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität, dass gegen Sie ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wurde.

Was ist der Hintergrund?

Viele in Deutschland lebende Steuerpflichtige mit türkischen Wurzeln unterhalten Kontoverbindungen zu türkischen Kreditinstituten. Für den deutschen Fiskus waren die dort verwalteten Konten in der Vergangenheit unsichtbar. Ob die Erträge in Deutschland daher ordnungsgemäß versteuert wurden, konnte das Finanzamt häufig nicht nachprüfen. Eine Angabe von in der Türkei erzielten Kapitalerträgen bei der Einkommensteuer in Deutschland unterblieb daher häufig.

Das ändert sich derzeit.

Aufgrund eines präsidialen Erlasses der Republik Türkei vom 31. Mai 2021 (resmigazete.gov.tr) ist der Weg endgültig geebnet, dass die Türkei auf der Grundlage des sog. Automatischen Informationsaustausch (AIA) Steuerdaten nach Deutschland liefern kann.

Der automatische Informationsaustausch (AIA) zwischen Deutschland und der Türkei ermöglicht den regelmäßigen Austausch von Finanzdaten. Das Ziel ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und grenzüberschreitender Steuerverkürzung. Die Türkei übermittelt im Rahmen des automatischen Informationsaustauschs Kontodaten türkischer Banken an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), dass diese dann an die jeweiligen Finanzämter weiterleitet. Erträge und Kontensalden werden erstmals ab den Jahr 2019 gemeldet.

Wer ist davon betroffen?

Betroffen sind z.B. Konten von natürlichen Personen und Unternehmen jeweils mit einem bestimmten Bezug zu Deutschland. Die Steuerbehörden sind dann in der Lage, die eingereichten Steuererklärungen mit den Datensätzen abzugleichen und festzustellen, ob die Konten und/oder Erträge in Deutschland deklariert worden sind.

Was wird ausgetauscht?

Kontodaten, Zinsen, Dividenden, Veräußerungsgewinne und Kontoauflösungen.

Wer ist beteiligt?

Türkische Finanzinstitute und deutsche Finanzbehörden.

Wie funktioniert's?

Türkische Finanzinstitute melden Daten an die türkischen Steuerbehörden, die sie dann an das deutsche Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) weiterleiten.

Wann erfolgt der Austausch?

Jeweils bis zum 30. September des Folgejahres.

Was passiert mit den Daten?

Das BZSt leitet die Daten an das zuständige Finanzamt weiter, das überprüft, ob die Kapitalerträge versteuert wurden

Was sind die Folgen?

Soweit diese Einkünfte bisher den deutschen Finanzbehörden nicht bekannt sind, droht in Deutschland neben einer Nachbesteuerung auch die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen Steuerhinterziehung. Denn grundsätzlich sind diese Einkünfte bei in Deutschland ansässigen Personen auch dann steuerpflichtig, wenn diese in der Türkei erzielt werden, dort verbleiben oder der Steuerpflichtige nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

Wie ist die bisherige Praxis?

Da dem Finanzamt die Erträge und Kontensalden bekannt sind, erfolgt im Regelfall neben der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens auch zeitnah bereits eine Schätzung im Besteuerungsverfahren, mit der zusätzlich zu den bisher bekannten Besteuerungsgrundlagen auch die Zinsen aus der Türkei hinzugeschätzt werden. Da die Zinssätze in der Türkei in der Vergangenheit durchaus hoch waren, sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Hinzuschätzung durchaus beträchtlich.

Welche Probleme bestehen?

Obwohl nur Erträge und Kontensalden ab 2019 gemeldet werden, kann auf dieser Grundlage von den deutschen Finanzbehörden auch eine Nachbesteuerung (für mindestens 10 Jahre) und ggf. Steuerhinterziehung für weiter zurückliegende Zeiträume angenommen werden. Denn die deutschen Finanzämter können auch Rückschlüsse hieraus auf Erträge aus den Vorjahren ziehen und diese ggf.  schätzen. Auch können die Kontensalden den Schluss auf Schenkungen oder Erbschaften in den Vorjahren zulassen (die auch in Deutschland steuerpflichtig wären), die dem deutschen Finanzamt nicht mitgeteilt worden sind.

Ebenfalls erfolgen dann auch Schätzungen für die Jahre ab 2020.

Ein weiteres Problem besteht häufig in der Beschaffung entsprechender Bankunterlagen von den Kreditinstituten sowie in dem Nachweis der in der Türkei abgeführten Steuer auf die Kapitalerträge, die eigentlich auch die in Deutschland anfallende Steuer anzurechnen wäre.

Es besteht zwar ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Türkei, wonach die dort prozentual erhobene Steuern auf die in Deutschland anfallenden Steuern anzurechnen sind, das Problem in der Praxis ist aber der konkrete Nachweis zur Anrechnung.

Das Ganze ist also höchst komplex und für die in Deutschland lebenden Steuerpflichtigen mit türkischen Wurzeln derzeit und auch zukünftig sehr unangenehm.

 



 
 
 

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